Emotionale Arbeit in Beziehungen – eine spezielle Form des Mental Load (unsichtbare Arbeit)
Als Paartherapeutin und Psychologin beschäftige ich mich täglich mit den Herausforderungen, denen Paare in ihren Beziehungen gegenüberstehen. Ein Thema, das dabei immer wieder zur Sprache kommt, ist die sogenannte „emotionale Arbeit“.
In meinem Artikel „Warum Frauen in Paarbeziehungen schneller ausbrennen“, (erschienen im BuzzFeed und in der Frankfurter Rundschau im Mai 2024), habe ich bereits darauf hingewiesen, dass Frauen in heterosexuellen Beziehungen oft die Hauptlast dieser Arbeit tragen.
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Dieser Artikel dient der reinen Einführung zu dem Thema „emotionale Arbeit – Mental Load (unsichtbare Arbeit) in der Partnerschaft“. Ein Zeitungsartikel bietet keinen Raum für vertiefende Ergänzungen zu diesem hochemotionalen und doch unsichtbaren Thema.
Der Kampf der Kommunikationsstile
Ich erlebe in der Praxis sehr wohl, dass beide Partner arbeiten. Auch emotional. Nur wählen sie häufig sehr unterschiedliche Strategien. In unserer Zeit wird eine Strategie deutlich besser bewertet als die anderen – das Reden.
Während ein Partner, häufig die Männer, im Alltag versinken und Schwierigkeiten haben, ihre Gefühle in Worte zu fassen, neigt der andere, meist die Frauen, dazu, über ihre Emotionen und Bedürfnisse zu sprechen und diese zu analysieren.
Diese Unterschiede in den Kommunikationsstilen können zu Missverständnissen und Konflikten führen.
Den Partner verstehen, statt bewerten
Zusammen findet das Paar so nicht, und da liegt die eigentliche Tragik. Die Diskussion darüber, wer jetzt mehr Arbeit leistet und welche Arbeit wertvoller ist, übersieht nämlich den wichtigsten Punkt: das Gelingen der Beziehung.
Anstatt darüber zu streiten, wer mehr oder weniger emotionale Arbeit leistet, sollten Paare sich darauf fokussieren, die unterschiedlichen Bedürfnisse des anderen zu verstehen und zu respektieren.
Es geht um Ergänzung und Balance, darum, voneinander zu lernen und die eigene Art und Weise des Ausdrucks wertzuschätzen. Aber vor allem, sich in ihrer Verschiedenartigkeit zu respektieren und zu arrangieren.
Emotionale Arbeit: Ein gemeinsames Anliegen
Vielleicht ergibt es also Sinn, den Begriff der emotionalen Arbeit über die Sprachebene hinaus zu denken. Jede Beziehung benötigt Pflege, ein bewusstes zueinander hinwenden und in Kontakt gehen.
Da Nähe ein menschliches Grundbedürfnis ist, sind wir auch alle mehr oder weniger gut in der Lage uns einander zuzuwenden. Das ist also per se keine männliche oder weibliche Eigenschaft.
Emotionale Arbeit ist keine reine Frauensache. Sie umfasst alle Bemühungen, die Beziehung zu pflegen, Nähe herzustellen und in Kontakt zu bleiben. Dazu gehört aktives Zuhören, Nachfragen, das Mitteilen eigener Gefühle und Bedürfnisse sowie die Bereitschaft, die Perspektive des anderen einzunehmen.
Typische sprachliche Hinwendung sind Fragen nach dem Befinden des anderen, Nachfragen zu bekannten Themen und Gesprächsangebote.
Männliche und weibliche Strategien der Emotionsregulierung
Männer tendieren dazu, Emotionen eher einzugrenzen, Ablenkung oder Humor als Strategien zu nutzen und sich auf das Gelingen zu konzentrieren. Auch diese Ansätze haben absolut eine Daseinsberechtigung im Bereich der Emotionsregulierung.
Frauen hingegen suchen oft tiefere Gespräche und Unterstützung bei der Verarbeitung von Gefühlen.
Wenn also eine Person in der Tiefe über ein Thema sprechen möchte, während die andere Person gerade ablenken möchte – dann kommt es häufig zu dem Phänomen, dass sich beide nicht verstanden fühlen.
Die Lösung: Flexibilität und gegenseitiges Verständnis
Paare können in der Paarberatung lernen, die unterschiedlichen Herangehensweisen des anderen als wertvoll anzuerkennen und diese bewusst zu nutzen, wenn sie hilfreich erscheinen. Es geht darum, die eigene Sprache zu kennen und die des Partners zu respektieren.
Du führst deine Beziehung nicht mit „den Frauen“ oder „den Männern“, sondern mit einer speziellen Person, die du hoffentlich sorgfältig ausgewählt hast und die im besten Fall, also meistens, lernfähig und lernbereit ist.
Dein Partner/deine Partnerin kann deine Sprache ebenso lernen wie umgekehrt. Sodass ihr beide, gemeinsam, jeder/r mit seinen Schwerpunkten, Nähe und Partnerschaft herstellen und leben könnt.
Fazit: Gemeinsam wachsen
In einer gesunden Beziehung geht es nicht darum, wer „mehr“ oder „weniger“ emotionale Arbeit leistet. Es geht um gegenseitiges Verständnis, Respekt und die Bereitschaft, gemeinsam zu wachsen und die Bedürfnisse des anderen zu erfüllen. So kann jeder Partner seine Stärken einbringen und die Beziehung auf eine stabile und erfüllende Basis stellen.
Gerne stehe ich Ihnen beratend zur Seite.
Herzlich,
Yvonne C. Beuckens
Klärungsbegleiterin, Paartherapeutin, Liebeskummerexpertin, Mediatorin für Trennungen.