Eine Beziehung ist ein sich ständig veränderndes System aus 2 Personen. Insbesondere in den ersten Jahren durchschreiten die Verliebten verschiedene Stadien.
Aus Verliebtheit wird Liebe. Aus einem leidenschaftlichen Kennenlernen wird ein stabiles Nebeneinander mit wohlbekannten Konfliktpunkten. In diesem Artikel erfährst du welche Phasen eine Beziehung durchläuft, welche hormonellen Einflüsse auf beide Personen wirken und wie du mit diesen umgehst.
Alleine das Wissen um die Phasen und physiologischen Veränderungen können dir helfen, scheinbare Sackgassen und Herausforderungen in deiner Paarbeziehung nüchterner zu betrachten und konstruktiver zu lösen.
Phase 1: Verliebtheit oder: “Die rosarote Brille”
Was passiert in dieser Beziehungsphase?
WOW! Ihr habt euch gefunden und jetzt dreht sich alles nur um die Leidenschaft. Ihr könnt nicht die Finger voneinander lassen und das Bett wird zur Spielwiese eurer Körper. obwohl ihr kaum ein Auge zumacht.
Obwohl ihr kaum ein Auge zumacht fließt unendliche Energie durch eure Adern.
Ihr tragt die rosarote Brille und die andere Person scheint einfach perfekt, makellos und sexy. Es fällt dir schwer, dich auf etwas andere als euch zu konzentrieren. Aber was soll’s: Du fühlst dich lebendig!
Was geschieht im Körper?
In dieser Phase werden eure Körper neben Testosteron und Östrogen mit den Glückshormonen Dopamin und Noradrenalin überflutet. Diese Hormone sorgen sowohl für schnelles Herzschlagen, feuchte Hände, als auch für die zusätzliche Energie und Euphorie. Sie sorgen für die Aufmerksamkeit und den extremen Fokus auf den neuen Geliebten.
Die hohen Dopaminwerte während der Verliebtheit können mit denen von Suchtkranken verglichen werden. Man kann nicht genug von der anderen Person bekommen und der Gedanke an eine Nicht-Verfügbarkeit der Dopamin-Quelle fühlt sich schmerzhaft an.
Doch die aufputschenden Hormone haben ihren Preis: Der Serotoninspiegel von verliebten Menschen weist häufig einen so geringes Level auf, dass dieser Wert mit Angstzuständen assoziiert wird. Verlustängste (und Eifersucht) sind in dieser Phase nicht selten.
Das könnte ein Grund sein, warum Verliebtheit selten länger als 3-12 Monate andauert. Hormonelle Dysbalance ist dauerhaft sehr erschöpfend für den Organismus.
Diese Phase der Verliebtheit unterscheidet sich sowohl hormonell, als auch von der Gehirnaktivität von Liebe, die erst später entsteht. Somit müssen diese beiden Begriffe klar unterschieden werden. (Mehr dazu später)
Auch konnten geschlechtsabhängige Unterschiede in der Gehirnaktivität während der Phase des Verliebtseins gefunden werden.
Leuchten im Computertomograph bei Frauen diejenigen Hirnareale auf, die für Aufmerksamkeit und die Verarbeitung von Gefühlen und Erinnerungen zuständig sind, sind bei männlichen verliebten Probanden die oberen Schläfenlappen aktiv. Diese Hirnbereiche sorgen für sexuelle Erregung und verarbeiten visuelle Stimulationen.
Wie du mit dieser Phase der Beziehung umgehst:
Genieße diese Zeit aus vollen Zügen. Gehe dem Bedürfnis nach, so oft zusammen zu sein, wie es geht. Schaffe Erinnerungen, die euch noch näher bringen und von denen ihr später noch zehren könnt. Diese Zeit des Rausches ist einmalig in jeder Beziehung und wird nicht wieder kommen.
Phase 2: Ernüchterung
Was passiert in dieser Beziehungsphase?
Dem großen hormonellen und sexuellen Feuerwerk folgt die Ernüchterung. Die rosarote Brille wird transparent und du siehst dein Gegenüber nun klarer. Du erkennst, dass dein neuer Partner/ Partnerin Ecken und Kanten hat, die du vorher so nicht wahrgenommen hat. Es fallen dir Dinge auf, die dich wirklich stören.
Häufig gehen diese Beobachtungen mit Ernüchterung oder Enttäuschung einher.
Gleichzeitig kehrt etwas mehr Alltag in das Leben ein. Der extreme Fokus auf das Gegenüber lässt nach. Freunde, Arbeit und Hobbies finden wieder mehr Raum.
Was geschieht im Körper?
Bleibt ihr trotz gehäufter Vorwürfe und Kritiken zusammen, beginnt ein neues hormonelles Programm. Der lusttreibende Dopaminüberschuss weicht den “Kuschelhormonen” Oxytocin und Vasopressin. Diese bescheren deinem Organismus eine hormonelle Erholung.
Oxytocin und Vasopressin sorgen in erster Linie für ein Gefühl der Verbindung, wirken beruhigend und lindern Ängste. Zwar schwinden die Schmetterlinge im Bauch, aber im Gegenzug entstehen die ersten Züger der Liebe.
Regelmäßige Endorphin-Ausstöße erhöhen das wohlige Gefühl von Liebe. Diese opiumähnliche Substanz sorgt für ein wohliges Gefühl und leichte Euphorie. Ängste werden weiter reduziert. Genau wie Dopamine aus der ersten Phase, machen Endorphine regelrecht süchtig.
Die Abwesenheit deines Partners/ deiner Partnerin ist regelrecht schmerzhaft. Ein Entzug des Hormoncocktails aus Oxytocin, Vasopressin und Endorphinen.
Wie du mit dieser Phase der Beziehung umgehst:
Mache dir klar, dass es ganz normal ist, wenn die akuten Hochgefühle beim Anblick des Partners geringer werden. Es ist Teil des Prozesses.
Wenn du diese Beziehung länger fortführen möchtest, sollte dich das abnehmende Hochgefühl nicht sofort an der Beziehung zweifeln lassen.
Konzentrier dich auf gemeinsame Werte und Ziele um zu überprüfen ob es sich lohnt die nun folgenden phasen gemeinsam anzugehen.
Phase 3: Kampf
Was passiert in dieser Beziehungsphase?
Der Ernüchterung folgen beinahe unmittelbar Versuche der Korrektur. Nachdem du festgestellt hast, dass dein Partner/ deine Partnerin mit Eigenheiten und Schwächen daherkommt, werden Zweifel laut:
Kann ich dauerhaft mit diesen Macken leben?
Manche fühlen sich sogar ein wenig verraten oder betrogen, wenn sich Weltansichten oder Werte nicht ganz decken. Denn “viele Menschen gehen unbewusst davon aus, dass die eigenen Wertvorstellungen universell sind.
Wenn der Partner diese Vorstellungen nicht erfüllt, scheint er ein Versprechen nicht einzulösen, das er in seinem Erleben aber gar nicht gegeben hat” sagt Wolfgang Schmidbauer in “Coaching in der Liebe”.
Es geht in dieser Phase der Beziehung also um Unterschiede, statt um Gemeinsamkeiten.
Was passiert? Beide Partner versuchen in gewisser Weise den anderen umzuerziehen. Er soll sich das Rauchen abgewöhnen, sie darf gerne etwas leiser schmatzen. Kämpfe oder gar Machtkämpfe branden auf. Es wird häufig gestritten und die Beziehung wird hinterfragt.
Dinge, die als störend empfunden werden, werden mit der Folie abgeglichen, mit diesen “Fehlern” dauerhaft leben zu können.
Oder gibt es da noch jemanden, der einfach besser passt? Das ist die Phase, wo die meisten Pärchen sich trennen.
Was geschieht im Körper?
Aus hormoneller Sicht, gibt es bei der Liebe kein natürliches Ende. Das unterscheidet sich stark vom Verliebtsein. Die gleichen Hormone sind auch in dieser und den restlichen Phasen involviert.
Wenn überhaupt, wird das Gefühl der Solidarität und der Zusammengehörigkeit nur stärker.
Die zwei Hormonprogramme von Liebe und Verliebtsein haben grundverschiedene Funktionen. Während die Dopamine zu Beginn die Reproduktion anregen, sorgen die Liebes- und Kuschelhormone Oxytocin und Vasopressin für Sicherheit und Stabilität, um gemeinsam das Überleben des Nachwuchses zu gewährleisten.
Wie du mit dieser Phase der Beziehung umgehst:
Um diese Phase der Beziehung hinter euch zu lassen, benötigt es ein Akzeptanzprozess. Du musst lernen, dass du den anderen nicht gegen seinen oder ihren Willen verändern kannst.
Das ist sehr viel einfacher gesagt als getan.
Folgende Fragen müssen ausgearbeitet werden: Wo ziehe ich die Linie der Toleranz? Was kann ich beeinflussen und was nicht? Was sind meine Bedürfnisse und wie kommuniziere ich sie effektiv? Und worauf kann ich langfristig verzichten?
Es ist also kein Wunder, dass Paare sich dieser Phase Hilfe von außen suchen, um einen neuen Rahmen des Austausches zu schaffen. In einer Paarberatung kannst du herausfinden wie ihr mit euren Unterschieden so umgeht, dass eure Beziehung stabiler wird.
Das Ziel dieser Phase ist es, die andere Person so anzunehmen wie sie ist und sie trotzdem wertzuschätzen und zu lieben. Sogar dankbar zu sein. Dieser Prozess benötigt Zeit und ist immer noch mit viel Spannung und Kompromissen verbunden.
Phase 4: Resignation
Was passiert in dieser Beziehungsphase?
Nach dem großen Kampf folgt häufig die Resignation. Man sieht ein, dass der Partner sich nicht gegen seinen oder ihren Willen ändern lässt.
Manche Pärchen bleiben ihren Streitereien treu. Andere wiederum verfallen in resignatives Schweigen. Müde vom Streit.
Trotzdem bleiben Fragen präsent, ob es mit einer anderen Person nicht leichter oder schöner wäre. Auch Gedanken, dass man etwas verpasst sind keine Seltenheit.
In dieser Phaser der Beziehung besteht die Gefahr, dass sich beide auseinanderleben – insbesondere wenn dauerhaft liebevolle Kommunikation fehlt.
Aus diesem Gefühl der Distanz heraus, suchen viele Paare Hilfe von Therapeuten. Hier könnt ihr lernen miteinander in Kontakt zu bleiben und eure Beziehung zu pflegen.
Wie du mit dieser Phase der Beziehung umgehst:
Wenn die Kluft zwischen euch beiden sehr groß zu sein scheint: Zeige deine Gefühle und überbrücke die Distanz.
Das ist der beste Weg, um wieder eine Verbindung aufzubauen,um euch wieder anzunähern. Zeige deine Ängste. Äußere deine Wünsche und Bedürfnisse. Es ist wichtig, dass einer den ersten Schritt macht.
Das Ziel in dieser Phase ist es, Mittel und Wege zu finden, um die Distanz nicht zu groß werden zu lassen und sich regelmäßig als Einheit zu beschwören und zu fühlen. Vielleicht findet ihr ein gemeinsames neues Hobby oder plant bewusst gemeinsame, technikfreie Abende, um tiefe Gespräche zu führen.
Phase 5: Überraschende Einsichten
Was passiert in dieser Beziehungsphase?
Es hat viel in dir und in deinem Partner gearbeitet. Diese Phase der Beziehung gleicht einem zweiten Frühling.
Der Akzeptanzprozess ist bereits weit fortgeschritten und man hat für sich festgestellt: Auch wenn mein Partner nicht allen Erwartungen gerecht wird, so können wir uns lieben und ein großartiges gemeinsames Leben führen.
Es ist okay, wenn nicht alle Interessen und Hobbies geteilt werden. Beide tolerieren die Eigenheiten des anderen und versuchen nicht mehr sich gegenseitig zu ändern. Die Folge: Beide nähern sich wieder an.
Wie du mit dieser Phase der Beziehung umgehst:
Ihr habt bereits viel zusammen erlebt, von der heißen Anfangsphase bis zu den Streitereien der letzten Jahre.
Seht, was ihr gemeinsam durchlebt und erreicht habt. Ihr habt bereits Kompromisse gefunden. Findet heraus, auf welchen Gemeinsamkeiten ihr eure Zukunft aufbauen könnt, die beide Seiten zufriedenstellt.
Macht euch gemeinsam Gedanken, wie ihr mit den Aspekten sinnvoll umgeht, die man am anderen nicht so sehr liebt. Redet über Lösungen und Kompromisse, anstatt sie einfach zähneknirschend hinzunehmen.
Phase 6: Liebe und Genuss
Was passiert in dieser Beziehungsphase?
Der Akzeptanzprozess ist voll abgeschlossen. Es entwickelt sich ein Gefühl von Dankbarkeit. Das Zusammensein wird nicht mehr in Frage gestellt und die Stabilität der Beziehung als Geschenk empfunden.
Beide wissen und leben diese Erkenntnis: Gemeinsamkeit und Unterschiede gehören zu jeder Beziehung dazu.
Ihr fühlt euch beieinander sicher,so sicher, dass ihr auch mal aneinander rumnörgeln dürft. Alte Verletzungen sind eingebettet in viele positive gemeinsame Erfahrungen und schmerzen nicht mehr. Ihr habt Frieden beieinander gefunden.
Wie du mit dieser Phase der Beziehung umgehst:
Hier zählt das Gleiche wie in der ersten Phase. Genieße die Beziehung aus vollen Zügen.
Was wir aus den 6 Phasen der Beziehung lernen
Jede Beziehung und jede Person ist unterschiedlich. Trotzdem gibt es wiederkehrende Muster, die mit physiologischen, hormonellen Veränderungen der Beteiligten einhergehen.
So folgt der stürmischen und sexuell aufgeladenen Verliebtheit die Ernüchterung und der Kampf. Ob eine Beziehung dauerhaft Bestand hat, entscheidet sich letzten Endes darin, wie sehr beide Partner bereit sind, Kompromisse einzugehen und die Besonderheiten des anderen zu akzeptieren.
Die liebevolle und effektive Kommunikation, auch darüber, wie ihr mit den Unterschieden umgeht, sind der Kit für eine langfristige Beziehung, in der sich beide geliebt fühlen und sich trotzdem selbst verwirklichen können.
Gerne stehen ich Ihnen beratend zur Seite.
Herzlich,
Yvonne C. Beuckens
Klärungsbegleiterin, Paartherapeutin, Liebeskummerexpertin, Mediatorin für Trennungen.
Yvonne C. Beuckens | Kurzzeittherapie, Coaching, Paar- und Sexualtherapie in Bad Nauheim
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